Die Wallfahrtskirche

Die vielbesuchte Marienwallfahrtsstätte mit ihrer weithin sichtbaren Doppelkirche gilt als Wahrzeichen des Pfaffenwinkels, dieser so kostbaren, von reicher klösterlicher Kunst und Kultur geprägten Landschaft.

Rudolf Hochenauer
Rudolf Hochenauer
Rudolf Hochenauer

Durch die stetig wachsende Zahl der Wallfahrer zur wundertätigen Muttergottes in der Gnadenkapelle ergab sich allmählich das Bedürfnis nach einem größeren bzw. weiteren Gotteshaus. Und so baute man denn zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine Kirche an die Kapelle an. Herzog Maximilian I. hatte dazu 1613 dem Kloster Rottenbuch den Bauplatz geschenkt.

Was in der Gnadenkapelle an froher Botschaft für die wallfahrenden Menschen lebendig ist, das finden wir auch in der großen Wallfahrtskirche wieder. Zunächst ist diese Kirche, die 1616-1619 errichtet worden ist, ein Markstein der Kunstgeschichte des Pfaffenwinkels. Erstmalig für dieses Gebiet finden wir eine Kirche der ausgehenden Renaissance vor. Der helle Raum mit der feinen, sorgfältig gegliederten Stuckdekoration aus Zierbändern von Perlstab und Herzlaub sowie Voluten und geflügelten Engelköpfchen am Gewölbe und in den Fensternischen führt uns von der ausgehenden Renaissance hinüber in den frühen Barock. Weilheimer Künstlern verdanken wir sicher Bau und Erstausstattung der Kirche, allen voran Bartholomäus Steinle, dem Bildhauer und Weilheimer Kirchenbaudirektor, sowie Elias Greither d. Ä., dem Maler (auch eine Beteiligung Hans Krumppers bei der Vorplanung wird vermutet). Sie griffen die Intention des Bauherrn, Probst Georg Siesmair von Rottenbuch, auf, "Gott zu Ehr und seiner werdten Muetter" ein Gotteshaus zu errichten, das den vielen Wallfahrern Heimat und Geborgenheit geben soll.

Aus der Erbauungszeit finden wir heute noch die kostbaren, schöngeschnitzten Emporenbrüstungen und die vornehme Kanzel von 1619 deren hervorragende Schnitzarbeit aus verschiedenen Holzarten eine Seltenheit baierischer Kirchenkunst ist. Ursprünglich ist im Westen nur die untere Empore für die Orgel angebracht gewesen, von dieser aus hat eine Seitengalerie zur Kanzel geführt. Als 1807 im Zuge der Errichtung der Pfarrei Hohenpeißenberg eine zweite Empore oberhalb der ersten aufgestockt hat man eine Seitengalerie abgebrochen, um deren Zierbrüstung dorthin zu versetzen, wobei das untere gesims mit einem Gebet zur Gottesmutter aus Platzmangel weggeschlagen worden ist. Ein Teilstück davon - "auf das der Evae Fluech schad nit" - ist in die untere Empore eingefügt worden, um die Lücke zur einstigen Seitengalerie zu schließen. Auf den Emporenbrüstungen haben sich einstmals Ziergitter befunden, zu denen ursprünglich auch die virtuos geschnitzten Rankenreliefs mit Moses und David gehört haben, die heute auf Holzhintergrund gerahmt im Chorraum der Kirche über den Chorstühlen hängen. Diese beiden Reliefs sind Meisterwerke des Bartholomäus Steinle. © by www.hohenpeissenberg.de
Ein zugehöriges Mittelstück, wohl Maria mit dem Kind, denen sich die zwei Vertreter des Alten Bundes, Moses und David, zugewandt haben, ist seit 1807 verschollen.

Die Wallfahrtskirche, ein Raum der Zuwendung hin zum hilfesuchenden Menschen, strahlt Ruhe, Schönheit und Würde aus, vor allem der wunderbare barocke Hochaltar von 1717, der schon von den Zeitgenossen wegen seiner Majestet und ganz neuen Invention bestaunt worden ist. Die Botschaft des Altares ist aus einem Guß: Sinngebende Mitte ist das große Gemälde der Aufnahme Mariens in den Himmel, geschaffen 1717 von Matthias Pusjäger, dem Rottenbucher Maler (1654 bis 1734), Motivvorbild soll ein themengleiches Rubensgemälde in der Jesuiten-Kirche zu Antwerpen gewesen sein. Hintergrundgeschichte dieses Altarbildes ist eine schöne Legende, die uns erzählt, daß die Jünger Jesu nach dem Ableben Mariens noch einmal ihren Sarg geöffnet und anstelle des Leichnams der Gottesmutter eine Fülle von Rosen vorgefunden hätten. Unten im Bild sehen wir © by www.hohenpeissenberg.dedie staunenden Jünger am leeren Grab Mariens, Glaubenszeugen für das große Ereignis der Rettung der Gottesmutter aus dem Tod. Als Glaubenszeugen gesellen sich den Jüngern in der Architektur des Altares auch die Ordenspatrone Augustinus und seine Mutter Monika sowie innen die Rosenkranzpatrone Dominikus und Katharina von Siena hinzu. Sie alle bestaunen die Großtat Gottes an Maria. Eine zweite Zone im Bild des Altares zeigt uns eine Fülle von Putti, die Rosen werfen. Diese Putti finden wir auch wieder in der Architektur des Altares. Die dritte Zone unseres Bildes gibt uns den Blick frei auf die mächtigen Engel, die Maria zum Himmel emportragen. Diese mächtigen Engelsgestalten begegnen uns nochmals in der Architektur des Altares mit den großen Engeln, die Schilde in der Hand halten, Ehrentitel der Gottesmutter stehen darauf. Bekrönt wird das Altarbild von der Dreifaltigkeit Gottes, die Maria empfängt, Christus legt ihr dabei die Krone des Lebens auf das Haupt. Abschließend neigt sich der Himmelsbaldachin vornüber, von zwei baierischen Wappenlöwen gestützt (als Erinnerung an den Stifter des früheren Hochaltares, Maximilian I.)© by www.hohenpeissenberg.de In einer Strahlen- und Engelsgloriole erscheint zuhöchst das Vaterauge Gottes und darüber die Taube als Symbol des Hl. Geistes. Im Tabernakel dürfen wir dann noch Christus im Brot des Lebens dazu schauen. Die Künstler haben versucht, die Dreifaltigkeit Gottes räumlich einzufügen in den Altarraum, wo die Menschen eingeladen sind, immer wieder die "Gutthat" unseres Lebens, die Eucharistie, zu feiern und sich betend Maria, und durch sie unserem Herrn und Gott, zuzuwenden. Die beiden schönen Tabernakel sind spätere Hinzufügungen durch F.X. Schmädl, im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Gnadenkapelle geschnitzt. Dem großartigen Hochaltar gesellen sich die Seitenaltäre hinzu wie schmale Kulissen, die zum beherrschenden Hochaltar hinführen. In die Seitenaltäre eingefügt finden wir die alten Bilder der Vorgängeraltäre: Die Gemälde des Elias Greither d.Ä., Kreuzigung und Auferstehung, werden uns vor Augen geführt als die Heilszeichen menschlichen Lebens und darüber die dazugehörigen Vorbilder des Alten Bundes.© by www.hohenpeissenberg.de Die heilende Geschichte des Todes und der Auferstehung Jesu hat ihre Vorbilder in der Opfergeschichte des Isaak durch Abraham um im Zeichen des Propheten Jona. Diese Bilder hat uns Matthias Pusjäger im gleichen Jahr 1717 gemahlt wie das Hochaltarbild.

Wenn uns im Kirchenraum in den verschiedenen Skulpturen das Leiden Christi immer wieder begegnet, so hat das seinen guten Grund. Die wallfahrenden Menschen in ihrer Lebensnot sollen spüren dürfen, das Jesus ihnen solidarisch nahe ist im Eleben von Leid, Not und Sterben. Er, der für uns den Weg der Rettung gegangen ist, hat das getan durch Leiden und Sterben hindurch, im tiefen Vertrauen auf Gott, seinen Vater, der ih nicht im Tade belassen, sondern aufgenommen hat in die Herlichkeit des Himmels. So ist uns ein besonders schöner Blick gewährt im Schauen auf den Geißel-heiland an der Säulde, einer edlen Schnitzarbeit eines großen Meisters des beginnenden 17 Jahrhunderts.

Ein tiefempfundenes Andachtsbild finden wi an der Südseite des Kircheninneren: Christus am Kreuz mit Maria, der Schmerzenmutter, darunter. Maria ist nicht, wie die meisten Freunde Jesu, geflohen, sie ist unter dem Kreuz geblieben, auch wenn ihr der Schmerz über den Tod ihres Sohnes das Herz zerrissen hat. Die Botschaft dieses Andachtsbildes für uns heißt, nur im vertrauenden und betenden Bleiben im Leid ist Lebensnot auch bewältigbar.© by www.hohenpeissenberg.de So wie wir aus diesem Bildnis das Annehmen von Leiden und Sterben lernen können, so auch aus dem anderen, an der Nordwand befindlichen, der bewegenden Pietá von 1617 mit den zwei Engeln, die die Leidenswerkzeuge halten: ein kostbares Kunstwerk, aus der Werstatt Bartholomäus Steinles stammend, das ursprünglich in einer alten Kapelle neben dem Friedhof hing und dann nach deren Abbruch (1926), kaum beachtet, im Leichenschauhaus bis 1972 aufgestellt war. In inniger Weise nimmt Maria Abschied von ihrem toten Sohn. Durch ihre liebevolle Umarmung verliert der Tod, immer gegewärtig im menschlichen Leben, seine Schrecken. Durch ihren tiefen Glauben kann Marai ihren Sohn in die liebende Hand Gottes zurückgeben.
Die hl. Barbara (ürsprünglich die Figur der hl. Anna aus dem Vorgängeraltar der Kirche) weist uns als Schutzpatronin der Bergleute darauf hin, daß Hohenpeissenberg bis in Jahr 1971 Bergwerksort war. Die Figur stammt auch noch von Batholomäus Steinle.

Diese Anna-Figur befand sich bis ca. 1959/60 im ehemaligen Oratorium der Augustiner-Chorherren (jetzige Schatzkammer) kam dann zusammen mit der Figur ihres Mannes Joachim (dieser ebenfalls von Steinle) in die Wallfahrtskirche, wobei letztere eine Platz auf dem Schalldeckel der Kanzel zugewiesen bekam, wo sie allerdings nun den Moses, als Verkünder des alttestamentlichen Gotteswortes, darstellen soll.

Ürsprünglich sollen sich auf dem Kirchenturm nur zwei Glocken befunden haben, die aber bei einem Brand im Jahre 1755 zerschmolzen waren. Beim Wideraufbau kamen dann drei Glocken auf den Turm. 1943 war jedoch ein neues Geläute beschafft worden, und 1880 erhielt die Kirche abermals neue Glocken. Da jedoch der Zusammenklang dieser Glocken nicht simmte, leiß Pfarrer Felix Fischer im Jahre 1899 durch den Glockengießer Fritz Hamm in Augsburg wieder ein neues Geläute anfertigen, das aber die Glockenablieferung und Einschmelzung im Verlauf des Zweiten Weltkrieges ebensowenig überstanden hatte wie zwei 1921 gegossene Glocken.

Nach dem Krieg wurden von der Firma "Bochumer Verein AG" (Bochum) vier neue Glocken hergestellt und am 19. Apricl 1949 von Heinrich Dormann, Wattenscheid, begutachtet. Es sind dies eine St.-Barbara-Glocke 1.850 kg, Ton es´ - Heilig-Kreuz-Glocke 820 kg, Ton g´- Herz-Jesu-Glocke 515 kg, Ton b´- Hl. Josef-Glocke 385 kg, Ton c´´. Außerdem wurde ein neuer Glockenstuhl aus Eisen errichtet.- Die Glockenweihe geschah am 15. Mai 1949 durch Prälat Hartig.

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